Städtische Museen

Landsberg am Lech

Der Jüngling mit Speer von Bernhard Bleeker

Bronzeskulptur eines jungen Mannes mit SpeerFoto: Saskia Pavek

Bernhard Bleekers „Jüngling mit Speer“ entstand 1937. Die Eltern des mit 15 Jahren verstorbenen Erich Pröbst gaben die Skulptur für sein Internat in Neubeuern in Auftrag, wo ein Exemplar noch heute an der Kapelle steht. Bleeker zeigte das Gipsmodell seiner Jünglingsfigur 1937 und eine Bronzefigur 1940 auf der Großen Deutschen Kunstausstellung in München – der wichtigsten Bühne für offizielle Kunst des Nationalsozialismus. Der Jüngling fand großen Zuspruch, wurde vielfach in Kunstzeitschriften besprochen und unterschiedlich interpretiert. Als junger Mann, der vom Krieg heimkehrte, oder als idealisierter Sportler. Konzipiert ist er jedoch als Erinnerungsmal für einen Jungen, schlank, schön und empfindsam mit traurigem oder nachdenklichem Blick zur Erde. Weder pathetisch noch heroisch.

Einen Jüngling in Bronze erwarb um 1937 der Fliegerhorst Penzing für die Terrasse des Offizierscasinos. Hier traf der Jüngling auf den Panther von Fritz Behn. Wie und wann genau die Skulptur vom Fliegerhorst aus ins alte Inselbad fand, ist unklar. Ab 1945 jedenfalls zierte sie 27 Jahre lang den Brunnen im Vorwärmbecken. Mit Neueröffnung 1972 erhielt der Jüngling einen Platz am Rande des Wellenbeckens. Als im Laufe der Zeit der Speer zerbrach, wurde er durch einen kleineren Eisenspeer ersetzt. Im Inselbad kursiert die Geschichte, man habe dafür den Speer einer Landsberger Olympiateilnehmerin benutzt. Um dem Jüngling nun wieder zu seinem ursprünglichen Anblick zu verhelfen, ließ die Stadt Landsberg den Speer 2022 nachgießen.

Weitere Exemplare des „Jünglings mit Speer“ befinden sich im Lietzenseepark in Berlin-Charlottenburg, im Luisenpark in Mannheim und im Hof der Obersten Baubehörde in München.

Bernhard Bleeker und der Nationalsozialismus

Bronzeskulptur eines jungen Mannes mit SpeerFoto: Brigitte Incorvaia

Bernhard Bleeker (1881-1968) fand als prominenter Bildhauer und Professor an der Münchner Akademie der Bildenden Künste (1922-44) im Nationalsozialismus hohe Wertschätzung. Er bekam gut dotierte Aufträge und war an Großprojekten und Wettbewerben beteiligt. Seit 1932 war er Mitglied der NSDAP, aus ideellen, künstlerischen Gründen, wie er später behauptete. Hitlers „Gottbegnadetenliste“ führte ihn als einen der bedeutenden Künstler des Regimes. Bei der XIX. Biennale in Venedig 1934 vertrat er mit anderen Künstlern, darunter Fritz Behn, das offizielle bildhauerische Deutschland. Mit insgesamt acht Skulpturen nahm er an den Großen Deutschen Kunstausstellungen 1937, 1940 und 1941 teil.

Ein erfolgreicher und angesehener Künstler, vor wie nach 1933. Mit seinem klassischen Stil nach Vorbild Adolf von Hildebrands – eine weitere Parallele zu Fritz Behn - stand Bleeker in keinerlei Widerspruch zur Kunstauffassung des Nationalsozialismus. Dennoch lässt sich bei seinen Werken wie denen vieler Zeitgenossen nur selten eine spezifisch nationalsozialistische Ideologie ablesen.

Nach Kriegsende erwartete Bleeker ein Entnazifizierungsverfahren. Die Spruchkammer stufte ihn in Gruppe III als Minderbelasteter ein. Nach einem Einspruch milderte sich das Urteil 1948 in Gruppe IV Mitläufer. Bereits fünf Jahre später scheint er rehabilitiert gewesen zu sein. War Bleeker bis 1945 noch überregional bekannt gewesen, ist sein Name heute nur noch wenigen Fachleuten ein Begriff.


Lesen Sie auch den Aufsatz „Ein Panther ist selten allein. Drei Bronzeskulpturen zwischen Geschichte und Geschichten“ von Karla Schönebeck im Begleitband.

Ausführliche Informationen zu Biographie und Werk Bernhard Bleekers, sein Wirken in NS-Zeit und das Spruchkammer-Urteil sind zu finden in: Henseleit, Frank: Der Bildhauer Bernhard Bleeker (1881-1968). Leben und Werk. Dissertation, Augsburg 2006.